Seipel

Seipel
Seipel,
 
Ignaz, österreichischer Politiker, * Wien 19. 7. 1876, ✝ Pernitz (Niederösterreich) 2. 8. 1932; katholischer Priester, seit 1921 Prälat, wurde 1909 Professor für Moraltheologie in Salzburg, 1917 in Wien. In der letzten kaiserlichen Regierung unter Ministerpräsident H. Lammasch (27. 10.-11. 11. 1918) war er Minister für Soziale Fürsorge. Danach beteiligte er sich führend am Aufbau des neuen österreichischen Staates und der Ausgestaltung seiner Verfassung 1919 wurde Seipel Mitglied des Nationalrates, 1921 Obmann der Christlichsozialen Partei (CP), die er bis 1929 leitete. Vom 31. 5. 1922 bis zum 8. 11. 1924 sowie vom 20. 10. 1926 bis zum 3. 4. 1929 war Seipel Bundeskanzler. Gegen die Zusage eines Verzichts Österreichs auf den »Anschluss« an das Deutsche Reich und die Zustimmung zu einer vierjährigen Kontrolle der österreichischen Staatsfinanzen durch den Völkerbund erwirkte er in den Genfer Protokollen vom 4. 10. 1922 eine Völkerbund-Anleihe von 650 Mio. Goldkronen, mit deren Hilfe er den Verfall der Währung stoppte und den Staatshaushalt sanierte. In wachsender Konfrontation mit der Sozialdemokratie verfolgte Seipel einen an berufständischen Vorstellungen orientierten gesellschaftspolitischen Kurs. Am 1. 6. 1924 wurde er durch ein Attentat schwer verletzt. Im Zuge der parteipolitischen Polarisierung zwischen »Austromarxisten« und »Antimarxisten« schloss er Christlichsoziale, Großdeutsche und Landbund 1927 zu einer »Bürgerblockregierung« zusammen. Um die Sozialdemokratie innenpolitisch zu schwächen, förderte er - v. a. nach der Julirevolte von 1927 in Wien - die Heimwehren. Nach seinem Rücktritt als Bundeskanzler und CP-Obmann forderte er eine Verfassungsreform nach ständestaatlichem Muster. Vom 30. 9. bis zum 29. 11. 1930 war Seipel Außenminister.
 
Schriften: Die wirtschaftsethischen Lehren der Kirchenväter (1907); Nation und Staat (1916); Wesen und Aufgaben der Politik und der gegenwärtige Stand der Weltpolitik (1930).
 
 
A. Diamant: Die österr. Katholiken u. die Erste Rep. (Wien 1960);
 G. Ladner: S. als Überwinder der Staatskrise vom Sommer 1922 (ebd. 1964);
 K. Klemperer: I. S. Staatsmann einer Krisenzeit (a. d. Engl., Neuausg. Graz 1976).

Universal-Lexikon. 2012.

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